Tears

Die Energie der Trauer

„Emotion ist Energie in Bewegung“, sagt Ramona und beschreibt, wie sie als Schauspielerin Zugang zu ihren tiefsten Gefühlen findet – besonders zur Trauer um ihren verstorbenen Vater. In einem ungewöhnlichen Fotoprojekt ließ sie ihre Tränen fließen, nicht gespielt, sondern echt: „Es war ein Zusammenspiel von innen und außen. Ich habe nicht produziert, sondern zugelassen.“

Gesellschaft vs. Gefühl

Ihr Blick auf Emotionen ist sehr entkrampft: Trauer sei weder „schlecht“ noch „dunkel“, sondern einfach eine Form menschlicher Energie – oft tabuisiert, obwohl sie uns verbindet. „Wir werden zu Emotions-Rassisten“, sagt sie mit einem Lächeln. „Freude will jeder, aber weinende Menschen schauen wir kaum an.“ Die Fotos des Projekts brechen genau diese Barriere: Sie zeigen Schönheit in der Verletzlichkeit.

Vom Schmerz zur Befreiung

Wie geht man mit solch intensiven Momenten um? Ramona beschreibt es als „Lichtschalter“: Sie taucht tief ein, ohne sich zu verlieren. „Ich beobachte die Trauer – aber ich bin nicht die Trauer.“ Die Aufnahmen zeigen diese Ambivalenz: mal eine einzelne Träne, mal ein verzogenes Gesicht. Für sie selbst waren die neutralen Bilder die stärksten – „weil sie Raum lassen“.

Ein Projekt, das unter die Haut geht

Nicht nur die Betrachter*innen, auch der Fotograf rang mit dem Material: „Es tat weh, die Bilder auszuwählen.“ Genau darin liegt die Kraft des Experiments: Es macht sichtbar, was wir sonst wegschauen. Ramonas Fazit? „Trauer braucht keinen Grund – sie darf einfach da sein.“

Der Prozess:

Wie Tränen echt werden Schauspieler Alen T. beschreibt drei Methoden, um Emotionen für die Kamera abzurufen: Traurige Erinnerungen, Identifikation mit einer Rolle – oder seinen Weg: Empathie durch Geschichten. „Ich finde es makaber, gezielt an Leid zu denken“, sagt er. Stattdessen nutzt er eine berührende Filmszene über Vergebung als emotionalen Katalysator. „Plötzlich öffnet sich ein Tor – und alles, was man unterdrückt hat, kommt hoch.“ Sein Fazit: Echtes Weinen braucht keinen Schmerz, sondern Wahrhaftigkeit.

Musik als Brücke, nicht als Trigger

Ein Soundtrack aus einer Serie half ihm, in den „gedanklichen Zustand“ zu finden – doch betont er: „Die Musik hat mich nicht zum Weinen gebracht. Sie war nur die Treppe, nicht das Ziel.“ Entscheidend sei die Verbindung zur erzählten Emotion.

Befreiung durch Kamera

„Normalerweise traue ich mich nicht, einfach loszuweinen“, gesteht Alen. Die Fotografie wurde zum unerwarteten Ventil: „Dieser kurze Moment des Loslassens tat gut.“ Die Fotos zeigen nicht nur Trauer, sondern auch Erleichterung – ein Paradox, das die Serie so besonders macht.

Die Idee: Warum Tränen?

„Ich wollte Weinen sichtbar machen – diese flüchtige, oft versteckte Moment menschlicher Verletzlichkeit“, erklärt Porträtfotograf Thomas Kierok. Die Herausforderung: Wie bringt man Menschen dazu, vor der Kamera echt zu weinen? Seine Lösung: Schauspieler*innen.„Ramona war die Erste, die “Ja” sagte. Als sie dann wirklich weinte, war ich überwältigt – und plötzlich tief berührt.

Die Ambivalenz des Blicks

Kierok beschreibt ein Paradox: „Normalerweise schauen wir wenenden Menschen nicht lange in die Augen. Die Kamera wurde mein Schutzraum – aber auch ein Werkzeug, um diese Intimität auszuhalten.“ Die entstandenen Bilder seien „gleichzeitig schmerzhaft und befreiend“, eine emotionale Achterbahn, die er selbst nicht erwartet hatte.

Der Prozess: Von der Aufregung zur Erleichterung

„Ramona brauchte kaum Zeit, um in die Emotion zu finden. Als die Tränen kamen, entstand etwas Magisches: eine stille Verbindung zwischen uns.“ Die anschließende Bildauswahl war für Kierok überraschend schwer: „Die Fotos tun weh – aber genau das macht sie echt.“ Seine Entscheidung für Schwarz-Weiß unterstreicht die Zeitlosigkeit dieser ehrlichen Emotionen.

Warum das Projekt berührt

„Diese Porträts zeigen, was wir sonst wegschauen: dass Trauer nicht nur Schmerz ist, sondern auch Reinigung.“ Kieroks Fazit: „Echte Tränen sind wie ein Spiegel – sie zeigen uns, wie sehr wir alle verbunden sind.“

In diesem Portraitprojekt wurden Menschen in Momenten des authentischen Weinens fotografiert. Die Idee war es, echte Emotionen ohne Inszenierung oder künstliche Hilfsmittel festzuhalten. Die Aufnahmen entstanden in Berlin in einem geschützten Rahmen, in dem die Teilnehmer – allesamt Schauspieler – ihre Gefühle bewusst zuließen und zum Ausdruck brachten. Jedes Bild zeigt die ungefilterte Intensität von Trauer und die befreiende Kraft emotionalen Loslassens. Die Serie entstand in Schwarz-Weiß, um die universelle Sprache der Gefühle zu betonen. Die Porträtierten nutzten persönliche Erinnerungen oder empathische Zugänge, um natürliche Tränen zu weinen. »Tears« hinterfragt gesellschaftliche Tabus rund um das Weinen und zeigt, dass Tränen kein Zeichen von Schwäche, sondern von tiefster Menschlichkeit sind. Die Serie macht sichtbar, was wir im Alltag oft vermeiden – den ungeschützten Blick in die emotionale Tiefe unserer Mitmenschen – und schafft dadurch eine besondere Verbindung zwischen Betrachter und Porträtiertem.

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